Was sagen andere über uns?

Als Inge Weigl drohte, sie und ihre Verwandten würden alle Policen bei der DKV und der Muttergesellschaft Allianz kündigen, lenkte die Versicherung ein. „Nach erneuter Prüfung“ wolle man die Kündigung nicht mehr aufrechterhalten und hoffe, daß das „gute Einvernehmen“ nun wieder hergestellt worden sei. Das hoffte auch Ingeborg Weigl – bis ihr die DKV einige Monate später die Krankentagegeldversicherung erneut kündigte und ihr statt dessen einen drastisch reduzierten Versicherungsschutz anbot.

Auch danach nahm der Ärger kein Ende. Nun verweigerte die DKV die Erstattung von 1679 Mark, die die Münchnerin für die naturheilkundliche Behandlung durch einen anerkannten Mediziner ausgegeben hatte – und das, obwohl Ingeborg Weigl eine Police besitzt, nach der ausdrücklich auch Heilpraktikerleistungen bezahlt werden müssen.

Die Therapie sei „medizinisch nicht notwendig“ gewesen, behauptete die DKV. Dabei hatte der Arzt der jungen Frau, die wegen einer chronischen Halsentzündung monatelang erfolglos mit Antibiotika behandelt worden war, nachweislich helfen können.

Die Münchnerin klagte gegen die DKV, verlor vorm Amtsgericht und ging in die Berufung, wo das Urteil aufgehoben wurde. Der Vorsitzende Richter erwies sich als äußerst sachkundig. Er selbst sei „aus ganz ähnlichen Gründen in ähnlicher Weise untersucht worden“ und kenne die Probleme mit Krankenversicherungen „aus eigener Erfahrung“ schrieb er in den Beschluß.

 

Die Vertreter und Werbeleute versprechen den Leuten das Blaue vom Himmel, sagt der Münchner Rechtsanwalt Hugo Lanz. Werde der Versicherte aber ernsthaft krank und brauche eine teuere Behandlung, verteidigten manche Unternehmen den Prämientopf mit Klauen und Zähnen.

Dagegen werden kleine Schäden von der Assekuranz meist anstandslos beglichen, um die Kunden bei der Stange halten. „Je mehr Geld auf dem Spiel steht, desto eher wird abgelehnt“, hat Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg beobachtet.

Eine Erfahrung, die auch die Berlinerin Edith Zander machte. Im Sommer 1991 reiste die damals 76jährige Rentnerin in die USA, um ihre Tochter zu besuchen. Zuvor hatte sie eine Auslandsreisekrankenversicherung bei der Halleschen-Nationalen abgeschlossen.

Bei einem Waldspaziergang in Michigan stolperte Edith Zander: „Ich bekam heftige Schmerzen in der Hüfte und konnte nicht mehr gehen.“ Im Krankenhaus in Grand Rapids stellten die Ärzte fest, daß sie die Prothese, die der Frau vor 20 Jahren in die rechte Hüfte eingesetzt worden war, gelockert hatte.

Weil das Transportrisiko zu hoch sei, empfahlen sie der alten Dame dringend eine Operation in den USA. Kostenpunkt des problemlos verlaufenen Eingriffs: rund 27 000 Dollar.

Als die Rentnerin die Rechnungen bei der Halleschen-Nationalen einreichte, weigerte sich die Versicherung zu zahlen. Sie verwies dabei auf die Krankenunterlagen eines Berliner Orthopäden, der Edith Zander bereits in früheren Jahren untersucht und 1990 dem Verdacht auf Lockerung der Prothese notiert hatte. Der Versicherungsfall, behauptete die Hallesche-Nationale, sei also bereits „vor Beginn der Auslandsreise“ eingetreten.

Die Gesellschaft ließ sich auch nicht durch ein Attest umstimmen, in dem der Berliner Arzt erklärte, daß 1990 noch keine Notwendigkeit zur Operation bestanden habe. Eine „akute Verschlechterung“ sei erst ein Jahr später durch den Unfall in den USA eingetreten.

Dennoch bleib die Hallesche-Nationale hart: Das künstliche Hüftgelenk sei längst verschließen gewesen. merkwürdig ist nur, daß die Rentnerin mit der angeblich unbrauchbaren Prothese vor der Reise mindestens einmal täglich die Treppen zu ihrer Wohnung in der dritten Etage gehen konnte. Als die Witwe der Versicherung mit einer Klage drohte, machte ihr die Hallesche-Nationale einen Vorschlag zur Güte. Entscheiden solle das Gutachten eines Orthopädie-Professors. Die Rentnerin, die noch nie in ihrem Leben einen Prozeß geführt hatte, stimmte zu – und ließ sich auch auf die Bedingung ein, das Sachverständigen-Urteil zu akzeptieren.

 

Das war wohl ein Fehler, wie ihr Verbraucherschützer hätte sagen können. Denn vielfach dürfen Gutachter nur dann mit weiteren lukrativen Aufträgen rechnen, wenn sie die Versicherungen nicht über die Gebühr zum Zahlen zwingen. „Die führen schwarze Listen von Leuten, die zu ihren Ungunsten entschieden haben“, weiß Hans Dieter Meyer.

Auch das von der Halleschen-Nationalen bestellte und bezahlte Gutachten fiel zugunsten der Versicherung aus. Darin hieß es, der Unfall in den USA sei nur eine „Gelegenheitsursache“ für die Zerstörung der bereits verschlissenen Prothese gewesen.

Keine Antwort bekam Edith Zander auf ihre Fragen, wie denn wohl die trotz Holper-Deutsch eindeutigen Aussagen im Werbeprospekt der Versicherung zu verstehen seien: „Für bereits bestehende Krankheiten leisten wir ausnahmsweise insoweit, als im Ausland akut eine erhebliche Verschlechterung eintritt und diese Entwicklung sowie der Verlauf der Krankheit bei Beginn des Auslandsaufenthaltes nicht abzusehen war. „Genauso war es aber bei der damals 76jährigen, die nicht in die USA gereist wäre, wenn sie geahnt hätte, daß sie dort operiert werden müßte.

Die Frau, die sich gut abgesichert glaubte, blieb auf den Kosten sitzen. Die Ersparnisse gingen drauf. Dafür weiß sie, daß nicht alles, was im Prospekt der Halleschen-Nationalen steht, falsch ist. Heißt es da doch: „Es kann also ein ganz schön teuerer Urlaub werden, wenn Sie im Ausland krank werden!“