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Arzthaftungsrecht
Im Streit, ob eine medizinische Behandlung fehlerhaft war, verhelfen spezialisierte Anwälte Patienten zu ihrem Recht und schützen Ärzte vor unberechtigten Ansprüchen
Die Verzweiflung steht Ina Hansen ins Gesicht geschrieben. „Ich will jetzt wissen, was bei meiner Hüftoperation passiert ist“, sagt die 42-Jährige. „Darauf habe ich doch ein Anrecht.“ Seit drei Jahren kämpft sie gegen eine Mauer aus Schweigen. Drei Jahre, in denen sie vor Schmerzen oft nicht schlafen konnte. In den Städtischen Klinik Dortmund war ihr ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt worden. „Als mir bei der Nachbehandlung in dieser Klinik dann die Einsicht in meine Krankenunterlagen verwehrt wurde, keimte in mir der Verdacht, daß bei der Operation etwas schief gelaufen ist“, erinnert sich Hansen.
Die Weigerung der Klinik ist typisch für den Beginn eines Arzthaftungsfalls. Wenn nach einer Behandlung ungewöhnliche Beschwerden auftreten und der Eindruck entsteht, daß der Arzt das Gespräch abblockt, sehen sich Patienten schnell als Opfer eines Behandlungsfehlers. Zur Überprüfung des Verdachts ist fachkundige Hilfe gefragt. Ina Hansen konnte mit Unterstützung der Notgemeinschaft Medizingeschädigter in Nordrhein-Westfalen ihre Krankenakte einsehen. „Die Aufzeichnungen“, glaubt sie nach der Lektüre, „sind lückenhaft. Von den Schrauben beispielsweise, mit denen die Hüftpfanne befestigt wurde, steht im OP-Bericht kein Wort.“ Die Zweite Vorsitzende der Patientenvereinigung, Rita Erhoff, teilt die Kritik: „Vor Gericht kam ein Patient die Aufklärung solcher Dokumentationslücken verlangen. Bei Frau Hansen ist zu klären, warum der Schaft einzementiert wurde, obwohl er bei jüngeren Menschen laut Hersteller normalerweise zementfrei implantiert wird. Außerdem war den Ärzten bekannt, daß die Patientin allergisch auf bestimmte Substanzen im Zement reagiert."
Jetzt klären Juristen und Gutachter vor Gericht, ob die beschuldigten Ärzte Hansens Leiden verschuldet haben. Das beklagte Klinikum jedenfalls widerspricht den Darstellungen seiner ehemaligen Patientin. „Die Aussagen von Frau Hansen entsprechen auch nicht annäherungsweise den Tatsachen“, schildert Bernd‑Dietrich Katthagen, Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik, seinen Standpunkt gegenüber FOCUS.
Sich im Recht fühlen und Recht bekommen, in Arzthaftungsprozessen oft zweierlei. Rund 20 000 Arzthaftungsschäden werden nach Angaben der DBV-Winterthur Versicherung jährlich in Deutschland aktenkundig. Allein dieser Versicherung wurden im vergangenen Jahr 4038 Fälle gemeldet. Knapp die Hälfte davon werden zu Gunsten der Patienten reguliert.
„Gemessen an den rund 15,5 Millionen Patienten, die pro Jahr allein in Krankenhäusern betreut werden, ist das nicht zu viel“, meint Karl-Otto Bergmann, Anwalt und Lehrbeauftragter für Arzthaftungsrecht an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster. Problematisch ist für Bergmann eher, daß es im deutschen Arzthaftungsrecht keine Teilschuld gibt. „Dadurch wird in dieser für Patienten und Ärzte sehr belastenden Situation unglaublich scharf gefochten.“ Die Patienten leiden unter ihren Komplikationen, und für den Arzt steht seine berufliche Zukunft auf dem Spiel. Und der Druck, unter dem Ärzte stehen, wird nach Ansicht von Bergmann in Zukunft noch zunehmen, „denn die Fehleranfälligkeiten wird in der technisierten, arbeitsteiligen Medizin weiter steigen“. Bei gut der Hälfte aller Arzthaftungsfälle handelt es sich laut Bergmann schon jetzt um Organisations- und Kommunikationsmängel in einem Krankenhaus oder der Arztpraxis. „Das sind in der Regel Fehler, die mit leichten Mitteln vermeidbar gewesen wären.“ Er wünscht sich von den Patienten eine größere Einsicht, „daß Komplikationen nicht immer im Verwartungsbereich des Arztes liegen“.
Voraussetzung dafür wäre allerdings das Vertrauen der Patienten in die Gutachter. Silke Schichtel, Anwältin aus dem westfälischen Hamm, hegt sogar Zweifel an der Unabhängigkeit mancher Expertise: „Oftmals legen die Sachverständigen ihre persönlichen Verbindungen zum beklagten Arzt nicht offen.“ Viele Gerichte stellen laut Schichtel darüber hinaus nicht sicher, dass der von ihnen eingesetzte Gutachter aus dem erforderten Fachgebiet kommt. Stattdessen überließen sie die Auswahl der Gutachter Institutionen wie den Ärztekammern.
Voreingenommenheit werfen Eunice und Manfred Bärwolff einem Gutachter vor, der den Tod ihrer siebenjährigen Tochter Cornelia untersuchte. Die Kleine verblutete wenige Tage nach einer routinemäßigen Mandeloperation in der Erfurter HNO‑Klinik. Ein Arzt im Praktikum hatte nach Darstellung der Eltern trotz einer starken Nachblutung weder Bluttransfusionen vorbereitet noch die Dienst habende Oberärztin über den Blutverlust des Kindes informiert. Lebenserhaltende Maßnahmen wurden erst drei Stunden nach Beginn der Blutung eingeleitet, zu spät für Cornelia, die wegen eines weit fortgeschrittenen Volumenmangelschocks nicht mehr aus dem Koma erwachte. Einige Tage später starb das Kind.
Eggert Beleites, Präsident der Thüringer Ärztekammer, fand in seinem Gutachten entschuldigende Worte für den jungen „Kollegen“, der über spezielle Erfahrungen „naturgemäß noch nicht verfügte“. Sein Gutachten weicht an einer entscheidenden Stelle von den Angaben im Pflegebericht ab. Auf Basis einer zu hohen Blutdruckangabe verneint Beleites, das der Arzt den lebensbedrohlichen Blutverlust des Kindes hätte erkennen müssen, und ignoriert dabei die Zusatzexpertise seine Jenaer Kollegen Konrad Reinhart. Dieser legt dar, daß eine notwendige Infusion unterblieb. Anders als sein Mitgutachter streitet Beleites den für eine Strafverfolgung oder Schadensersatzansprüche notwendigen Kausalzusammenhang zwischen der Untätigkeit des Arztes und dem Tod Cornelias ab.
„Heute wissen wir, daß der junge Arzt sein Praktisches Jahr zeitweise in der gleichen Klinik absolvierte, in der Herr Beleites Ärztlicher Direktor ist“, kommentiert Cornelias Vater die Rolle des Gutachters. Der Mediziner will mit Rücksicht auf das laufende Ermittlungsverfahren zu den Vorwürfen keine Stellung beziehen. „Vor Gericht könnte man diesen Gutachter wegen Befangenheit ablehnen“, erklärt dazu Jürgen Korioth, Anwalt der Bärwolffs. „Das Gericht müßte dann einen anderen Sachverständigen bestellen.“ Doch die Familie kämpft darum, daß die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen überhaupt fortführt. Sie reichte weitere Gutachten ein. „Daraus geht deutlich hervor“, so Korioth, „daß der Arzt im Praktikum grob fahrlässig gehandelt und damit den Tod des Mädchens verschuldet hat.“ Wenn Patienten ein Gegengutachten erstellen lassen wollen, können die Krankenkassen helfen. Nur ausnahmsweise auf finanziellen Gründen, sollte ein Patient sich nach dem Rat von Patienteninitiativen und Verbraucherschutzverbänden an die Gutachterkommission und Schlichtungsstellen der Landesärztekammern wenden. Der Grund: Sie werfen diesen Stellen Parteilichkeit vor. Die Zahlen aus dem Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer sprechen für sich. Die Schlichtungsstellen entscheiden 1997 im Schnitt nur 27,6 Prozent der angenommenen Fälle zu Gunsten des Patienten. Die Erfolgsaussichten von Patienten vor Gericht liegen zehn bis 30 Prozent höher.
Besser beraten ist ein betroffener Patient in der Regel, wenn er sich gleich an einen kompetenten Anwalt wendet. Doch Vorsicht ist bei der Auswahl geboten. Einen Fachanwalt für Arzthaftungsrecht gibt es nicht. „Leider können immer wieder Anwälte als Spezialisten für Arzthaftung auftreten, die nicht einmal Behandlungsunterlagen auf ihre Vollständigkeit hin überprüfen können“, kritisiert Rita Eihoff von der Notgemeinschaft Medizingeschädigter. Aus Sicht von Jürgen Korioth kommt es vor allem auf das medizinische Know-how an: „Dies ist unverzichtbar, um die Klageschrift sachadäquat verfassen und ein kompliziertes Gutachten hinterfragen zu können“, betont Koritoth. „Außerdem hat die Rechtssprechung inzwischen eine Vielzahl von Präzedenzfällen bis zur Beweislastumkehr für den Patienten herausgebildet, die ein Anwalt ohne medizinische Grundkenntnisse nicht beurteilen kann.“
Arzthaftungsrecht
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Methodik
Die FOCUS-Anwaltsliste weist Spezialisten im Arzthaftungsrecht und im EDV-Rechte aus. Die ermittelten Rechtsanwälte sind jeweils in einer bundesweiten Tabelle alphabetisch nach Orten aufgelistet:
Viele Rechtsanwälte vertreten schwerpunktmäßig eine bestimmte Mandantenseite.
Arzthaftungsrecht
Ä Ärzte P Patienten
beide Ärzte und Patienten
EDV-Recht
A Anwender
H Hersteller und Software-Häuser
I Anbieter internetbezogner Leistungen
Anwalt wird empfohlen ...
Punkte erhielt, wer von Anwaltskollegen bzw. von Mandantenvertretungen für seine anwaltlich Leistungen empfohlen wurde.
... von Mandanten
● häufig empfohlen
●● sehr häufig
●●● überdurchschnittlich häufig
... von Kollegen
▲ häufig empfohlen
▲▲ sehr häufig
▲▲▲ überdurchschnittlich häufig
Aktivitäten in der Fachwelt
Punkte erhielt, wer durch rege Aktivitäten als Fachautor und oder als Referent bei Veranstaltungen der anwaltlichen Berufsfortbildung in Erscheinung getreten ist.
■ häufig in Erscheinung getreten
■■ sehr häufig
■■■ überdurchschnittlich häufig